Donnerstag, 30. Dezember 2010

Nach Talfahrt 2009 nun ein "Babyboom" in 2010?

Aha, nun kommt also etwas Licht in das Dunkel.
Nach verfrühten "Erfolgsmeldungen" aus dem Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) in den letzten Jahren, hat man die Bekanntgabe der endgültigen Geburtszahlen durch das Statistische Bundesamt verzögert.
Erstens entstand dadurch ein größerer Abstand zwischen vollmundiger Erfolgsmeldung der Familienpolitik und dem bitteren Ergebnis und zweitens eine gewünschte zeitliche Nähe zur nächsten "Erfolgsmeldung": In 2010 stiegen die Geburtenzahlen, die Talsohle ist durchschritten, ja, sogar von einem Babyboom ist die Rede. Und das alles auf der Grundlage der vorläufigen Zahlen der ersten drei Quartale 2010.

Diese Meldungen wurden zunächst von fast allen Medien gierig aufgegriffen und in die Republik posaunt. Gestern - im Laufe des Tages und Abends - wurden dann die ersten, eher vorsichtigen Stimmen laut. Da wurde auf die Unterschiede zwischen vorläufigen und endgültigen Zahlen der vergangenen Jahre verwiesen. Ein Wissenschaftler durfte im öffentlich rechtlichen Fernsehen darauf hinweisen, dass es im Jahr 1980 einen einmaligen leichten Anstieg der Geburtenzahlen gab. D. h., es gibt dadurch bedingt heute mehr 30jährige Frauen als in den Vorjahren und in den Folgejahren.

Der Wissenschaftler nannte das als eine mögliche Begründung für einen möglichen - wenn auch vorübergehenden - Anstieg der Geburtenzahlen, weil die 30jährigen Frauen die höchste Geburtenrate der statistisch relevanten 15 bis 45jährigen Frauen haben.

Bei aller Rechnerei bleibt jedoch eines unbestritten: Seit Jahrzehnten ist die Zahl der Neugeborenen in Deutschland rückläufig. Und die vor 20, 30 oder 40 Jahren nicht geborenen Menschen können nun einmal heute keine Kinder zur Welt bringen - oder?

Mittwoch, 22. Dezember 2010

Geburtenzahlen im Jahr 2009 weiterhin auf Talfahrt

Fast hätte ich die Zahlen für 2009 verpasst. Immerhin wurden sie mit einer Verzögerung von ca. 4 Monaten veröffentlicht. In den Monaten Juni/Juli hatte ich die Zahlen erwartet - vergeblich. Als sie im August noch immer nicht veröffentlicht wurden, ahnte ich bereits, dass sich die "neue" Bundesministerin in guter Nachfolge ihrer Vorgängerin zu weit aus dem Fenster gelehnt hatte. Hatte sie sich doch noch im Sommer wie folgt zitieren lassen: "der WM-Erfolg (beim Fußball) lässt die Geburten steigen."

Im September setzten sich zwar Ministerinnen, Minister und Abgeordnete aller im Parlament vertretenen Parteien im Rahmen der Haushaltsdebatte mit dem demografischen Wandel auseinander, aber die Begriffe Geburtenrückgang, Geburtenmisere, Kinderwunsch und Geburten waren dabei TABU.

Im November schließlich wurden die Zahlen der Öffentlichkeit bekanntgegeben (eher verschämt und beiläufig).
Und die "Zeit" konstatierte genüsslich: "Die Geburtenzahlen selbst wollte sie (die Ministerin, Anm. d. Verf.) von sich aus nicht kommentieren. Erst auf Medienanfragen bequemte sie sich zu einer Antwort."

Nun ja, die Zahl von 665.000 Geburten zeigt mehr als deutlich, dass die Familienpolitik ihre seit Jahren gesetzten Ziele nicht nur nicht erreicht hat, sondern sich immer weiter davon entfernt (in der Organisationslehre bezeichnet man dies als "erodierende Ziele").

Beispiel:
Die aktuellen Zahlen zeigten, so Ministerin Schröder, "dass trotz der Krise 2009, die viele Menschen verunsichert hat, die Geburtenzahl nicht drastisch abgesackt ist."

Hallo? Immerhin knüpft Frau BM Schröder nun wieder an ihre Antrittsrede vor dem Deutschen Bundestag im Januar d. J. an. Da hatte sie nämlich die Pflege alter Menschen durch ihre erwachsenen Kinder "zu einem großen familienpolitischen Thema der Zukunft" erklärt. Kein Wort hingegen zu den rückläufigen Geburtenzahlen und möglichen Reaktionen der Politik.

Der demografische Wandel wird überwiegend immer noch als "Überalterung" unserer Gesellschaft diskutiert, während es sich m. E. um eine tatsächliche "Entjüngung" handelt. Auch die vom Statistischen Bundesamt ermittelten durchschnittlichen 1,36 Kinder pro Frau stellen ein historisches Tief dar und garantieren der Bundesrepublik die "rote Laterne" in Europa.

Mittwoch, 15. Dezember 2010

Die Altenberichte im Überblick

Seit 1993 der erste Altenbericht der Bundesregierung erstellt wurde, haben Altenberichte Konjunktur. Sie werden mehr oder weniger regelmäßig erstellt von den Ländern, Kommunen und Verbänden. Zusammen mit den Altenberichten der Bundesregierung, Forschungsberichten und aktuellen Studien bilden sie das gesammelte Wissen und eine der wichtigsten Quellen für den politischen Diskurs. Außerdem sollen sie beitragen zur allgemeinen Verbreiterung des Wissens über Alternsprozesse des Einzelnen und der Gesellschaft und die Situation älterer Menschen.

Die Altenberichte der Bundesregierung beschäftigen sich mit folgenden Themen:

Erster Altenbericht (1993): Die Lebenssituation älterer Menschen in Deutschland
Zweiter Altenbericht (1998): Wohnen im Alter
Dritter Altenbericht (2001): Alter und Gesellschaft
Vierter Altenbericht (2002): Risiken, Lebensqualität und Versorgung Hochaltriger
Fünfter Altenbericht (2006): Potenziale des Alters in Wirtschaft und Gesellschaft
Sechster Altenbericht (2010): Altersbilder in der Gesellschaft

Alle bisher erschienenen Altenberichte können von Privatpersonen in gedruckter Form kostenpflichtig über den Bundesanzeiger Verlag bestellt werden (0800-12 34 339).
Als Downloadversion sind die ersten drei Berichte über die Homepage des Bundestags zu erhalten, die letzten drei Altenberichte können vom BMFSFJ runter geladen werden.

Mittwoch, 8. Dezember 2010

Nachruf

Über ein viertel Jahrhundert wurde an der Universität Kassel (ehemals Gesamthochschule Kassel) "Soziale Gerontologie" gelehrt. Aus ganz Deutschland kamen die Studentinnen und Studenten. Lange Zeit gab es im Fachbereich 04 Sozialwesen die Bereichseinheit Soziale Gerontologie. Die Bereichseinheit ging dann im neu gegründeten Institut für Sozialpädagogik und Soziologie der Lebensalter (ISSL) auf. Nun wurde das ISSL aufgelöst.
Damit erreicht in Kassel eine Ent- bzw. Abwicklung ihren vorläufigen Höhepunkt, die wohl nur Insider der Kasseler Hochschulpolitik verstehen. Während an anderen Universitäten und Fachhochschulen die Gerontologie zunehmend Verbreitung findet - was bei unserer demografischen Entwicklung nicht verwundert - wird die Gerontologie in Kassel abgebaut.