Sonntag, 17. Oktober 2010

Neue Altersarmut ist vorprogrammiert

Es ist wahrlich eine Kunst, der Umgang mit Zahlen und Statistiken. Den neuesten Beleg dafür erbrachte die Bundesagentur für Arbeit mit ihrem letzten Monatsbericht (September 2010). Dort wird auf Hochglanzpapier, auf vielen Seiten, reichlich bebildert eine positiver Prognose für den deutschen Arbeitsmarkt gestellt.
In Berlin verkündet Frau Dr. Merkel - ungeachtet der getätigten Milliardengeschenke - den "unbedingten Willen zum nachhaltigen Sparen".
Bravo, mag da mancher denken und applaudieren. Andere werden noch einmal auf den Anfang des Posts schauen und nach den Zusammenhängen suchen.
Während sich alle in ihren angekündigten Sparvorhaben und bereits umgesetzten Kürzungen im Sozialhaushalt sonnen, kann man aus dem o. g. Monatsbericht gar schreckliches herauslesen.

Am 30. September 2010 zählte die Agentur 40,47 Millionen Beschäftigte in der Republik.
An anderer Stelle ist die Rede von 27,67 Menschen in sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnissen. Die Zahl der Arbeitslosen liegt "nur noch" bei knapp über drei Millionen.
Ja - und wer sind die anderen 10 Millionen? Gering Verdienende (lt. Bericht 5,61 Millionen), Menschen in "arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen" (lt. Bericht immerhin 1,43 Millionen) und ...?(1)

Ich verstehe diesen Zahlendschungel so, dass 13 Millionen Menschen, davon ca. 10 Millionen BESCHÄFTIGTE in unserem Land keine Sozialversicherungsbeiträge zahlen und das auch niemand sonst es für sie übernimmt.

Das bedeutet: 13 Millionen Menschen, die voraussichtlich nur eine kleine Rente erhalten werden. 13 Millionen Menschen, für die die Kommunen und ihre örtlichen Sozialämter die Renten gegebenenfalls aus ihren hoch verschuldeten Haushalten bis zur Höhe der Grundsicherung aufbessern müssen.

Die Bundesregierung verteilt freizügig Geld an Banken, Energiekonzerne etc. und gleichzeitig belastet sie wissentlich die bereits überstrapazierten Sozialhaushalte der Kommunen.

"Der Landkreis Kassel hat im vergangenen Jahr sieben Millionen Euro an Grundsicherung gezahlt, davon 5 Millionen Euro an 1004 Menschen über 65 Jahre. Deren Zahl hat im Vergleich zum Vorjahr um 300 Menschen zugenommen."(2)

Die neue Altersarmut ist weder ein "Schreckgespenst" noch eine Gefahr der nächsten Jahre - sie ist bereits mitten unter uns.

Quellen:
(1) Monatsbericht der Bundesagentur (BA) für Arbeit, September 2010
(2) Hessisch Niedersächsische Allgemeine (HNA), Ausgabe Kassel, Nr. 237 vom 12. Oktober 2010, S. 1

Mittwoch, 6. Oktober 2010

"Krisenreaktion: Private Altersvorsorge stockt

Jeder fünfte Berufstätige hat wegen der Wirtschaftskrise seine Verträge zur privaten Altersvorsorge gekürzt oder gekündigt.
Laut Allensbach-Umfrage glauben 46 Prozent der Befragten nicht mehr an eine sichere Vorsorge.
...
Auch das Vertrauen in die gesetzliche Rente hat gelitten. 37 Prozent der Berufstätigen fürchten Kürzungen wegen der steigenden Staatsverschuldung."

Aus: Videotext des ZDF vom heutigen Tag.

Während ein Großteil der Berufstätigen - und wahrscheinlich nicht nur diese - um ihre Altersversorgung bangen, haben die Regierenden nichts besseres zu tun, als die Staatsverschuldung mit immer neuen umstrittenen Großprojekten in die Höhe zu treiben.

Warum eigentlich? Wem dient das? Wer verdient daran? - Und wer bezahlt die Zeche?

Frau Dr. Merkel und Herr Brüderle zu Stuttgart 21

Seit langer Zeit gärt es in unserer Bevölkerung, die Kluft zwischen Politikern und Bürgern wird immer größer.
Als Beleg seien hier zwei führende Politiker der Bundesregierung zitiert:

Frau Merkel bezeichnete einerseits den Zeitpunkt des Bürgerprotestes und den Wunsch nach Bürgerbeteiligung als "zu spät".
Andererseits lehnt sie eine sofortige Bürgerbeteiligung und eine Baustopp mit Hinweis auf die Landtagswahl im März (also in 6 Monaten )kategorisch ab. Sie meint, die Bürger können dann über das Projekt abstimmen.
Ja wie denn nu? Jetzt schon "zu spät" - aber im März 2011 nicht mehr?

Herr Bundeswirtschaftsminister Brüderle gar stellt "Prinzipien" über Inhalte.
Wenn Entscheidungen getroffen sind, müsse man sie auch umsetzen. Sonst werde das parlamentarische System beschädigt, sagte er dem "Hamburger Abendblatt"

Übrigens Herr Brüderle wurden die Bürger nicht einbezogen, als sich die Baukosten in unvorstellbarer Höhe entwickelten - trotz eines gegenteiligen Versprechens.
Ist das keine "Beschädigung", wenn sich parlamentarische Gremien (wenn es für sie bequemer ist) an ihre eigenen Beschlüsse nicht mehr halten?

In Abwandlung eines Goethe-Zitates: Frau Merkel, Herr Brüderle mir graut vor Euch!