Montag, 14. Juli 2014

Gedanken zur Weltmeisterschaft und ihren Begleiterscheinungen

Nun ist es vollbracht: Die deutsche Fußballnationalmannschaft hat den vierten Stern geholt und ist als erste euopäische Mannschaft auf dem Südamerikanischen Kontinent Fußball Weltmeister geworden.

Und doch, obwohl ich eigentlich ein bekennender, glühender Anhänger dieses Sportes bin, wird meine Freude über den Titel von einem bitteren Beigeschmack begleitet.

Unsere Regierung hat die Zeit der "Sommerpause" und einer sportlichen Großveranstaltung wieder einmal genutzt, um schnell und weitestgehend unbemerkt einige Gemeinheiten zu verabschieden. Zum Wohle des Volkes und um Schaden von ihm abzuwenden (so zumindest der Amtseid der Kanzlerin) - versteht sich.
Das Volk besteht wohl nur noch aus "Systemrelevanten" Banken, Versicherungen und anderen "unproduktiven" Vereinigungen. Man sollte doch um noch einen Hauch von Anstand und Ehrlichkeit zu wahren den Amtseid und vielleicht auch störende Passagen des Grundgesetzes einfach mal ändern. Die notwendige Mehrheit ist zur Zeit doch da.

Die mediale Begleitung (?) wird von Olympiade zu Olympiade, von Weltmeisterschaft zu Weltmeisterschaft, von Europameisterschaft zu Europameisterschaft immer beherrschender und bombastischer.

Sportliche Großereignisse haben mittlerweile eigene Hymnen, unzählige Kommentartoren und "Experten", sie genießen eine mediale Präsenz, die alle anderen Ereignisse in den Schatten stellt. Stattfindende und sich ausweitende Kriege, Katastrophen jedweder Art, weltpolitische Zerwürfnisse und Konflikte bleiben Dank der "ausgewogenen Berichterstattung" weitestgehend ebenso unbeachtet wie Regierungshandeln, Beschlüsse, Gesetzesvorlagen und Gesetzesänderungen im eigenen Land.

Und da große Ereignisse ihre Schatten bekanntlich voraus werfen, nutzt die deutsche Regierung schon seit einigen Jahren die in schöner Regelmäßigkeit stattfindenden Sportereignisse um in Bundestag und Bundesrat unpopuläre Beschlüsse zu fassen.

Dieses Mal sind die Herrschenden besonders dreist: Innerhalb von einer Woche wurden von Bundestag und Bundesrat Beschlüsse gefasst, die viele tausend Bürger um einen Teil ihrer Altersvorsorge bringen wird. Und das perfide daran ist, das entgegen sonst gängiger Praxis die entsprechenden Gesetze nicht erst in einem halben Jahr in Kraft treten sollen - sondern direkt mit der Veröffentlichung im Gesetzesblatt, an dessen Herausgabe mit fieberhafter Eile gearbeitet wird.
Während noch die Verbraucherschutzverbände auf die Kündigungsfristen für Rückkäufe der Versicherungen hinweisen und Musterschreiben zur Ermittlung der Auswirkungen des Gesetzes verbreiten, schafft die Regierung bereits Tatsachen.

Mit ein wenig Glück (für die Systemrelevanten Versicherungen) ist das Gesetz veröffentlicht und damit in Kraft, noch bevor die Feierlichkeiten und Empfänge für "unsere Weltmeisterschaft" ausgeklungen sind.

Da Kündigungen von Lebensversicherungen in der Regel erst 4 bis 6 Wochen nach erfolgter Kündigung wirksam werden, und sich die meisten Versicherungen mit der Beantwortung der ohnehin wenigen bisher eingegangenen Schreiben Zeit gelassen haben, ist das Desaster für die vielen Versicherungsnehmer, die auf die viel gepriesene dritte Säule der Altervorsorge gesetzt haben komplett.

Ich fürchte mich bereits heute vor den nächsten olympischen Spielen, der Fußball-Europameisterschaft oder anderen bis dahin noch hochstilisierten Ereignissen, die politisch gewollt und medial hervorragend umgesetzt den Blick für die wirklich bedeutungsvollen Geschehnisse verstellen.

Doch wie brüllte ein Kommentator ins Mikrofon: "Achtzig Millionen Deutsche haben sich seit 24 Jahren diesen vierten Stern sehnsüchtig gewünscht". Was bedeutet dann schon eine -  noch dazu unbekannte -  Zahl von Versicherten, denen nach jahrzehntelanger Einzahlung kurz vor Auszahlung mal eben per Gesetzesänderung einige tausend Euro genommen werden. Ich nenne es einen Betrug im ganz großen Stil.

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